DER BAU




Am 10. Juni 1886 wird der Gemeinde Biel ein Baugesuch mit folgendem Begleitschreiben eingereicht: „Herr Paul Robert wünscht, ein Atelier aus Stein zu erbauen und mit Ziegeln einzudecken; er bittet um die Erlaubnis, sofort mit den Arbeiten beginnen zu dürfen, da dieser Atelierbau durch einen bedeutenden Auftrag des Generalkomitees des Neuenburger Kunstmuseums veranlasst wird". Am 14. Dezember 1885 hatte Albert de Meuron seinen Freund Paul Robert, "den qualifiziertesten Künstler für eine Arbeit von diesem Ausmass und von dieser Bedeutung" angefragt, ob er die Ausmalung des Treppenhauses im neuerbauten Neuenburger Museum für Kunst und Geschichte übernehmen wolle. Léo-Paul Robert nimmt den Auftrag an, nachdem die von ihm vorgeschlagenen Themen des intellektuellen, des industriellen und des ländlichen Lebens, dargestellt im Rahmen von neuenburgischen Landschaften, (d.h. Seeufer mit Stadt Neuenburg, dem Plateau von La Chaux-de-Fonds und dem Val- de-Ruz), akzeptiert worden sind.



Beziehungen zum Kanton zeigt auch die Architektur des Ateliers, in dem die Gemälde entstehen sollen: so erinnern Detailformen an typisch neuenburgische Bauten vor allem aus Zeit der Renaissance.



Paul Robert, Architekt seines Atelierhauses, bekennt: „Ich habe als Reaktionär gehandelt, als ich die Pläne für mein Atelier entwarf. Man muss gegen unsere moderne Auffassung, alles industriell herstellen zu wollen, protestieren, wo man kann: mit Hingabe habe ich auch gegen die Gesetze der Symmetrie gesündigt, zum grossen Erstaunen meiner Arbeiter, die meinen, ein Gebäude sei nur dann gut und brauchbar. wenn es in der Art der Kasernen und der grossen Manufakturen mit schnurgerade aufgereihten Fenstern errichtet sei.“



Bei Roberts Atelier im Ried ist denn auch keine der Fassaden, weder die Giebelseite unter der spitzbogigen Ründi, noch die Traufseite mit dem um die Ecke laufenden Balkon, dem Schmuckkamin und dem grossen Oberlicht symmetrisch. Auch das Innere, das ähnliche Verhältnisse simuliert, wie sie im Treppenhaus des Neuenburger Museums existieren, kennt keine Achsensymmetrie. Hinter der Eingangsschmalseite ist in einem Drittel der Raumtiefe das Volumen in drei Geschosse unterteilt, danach folgt der vom Boden bis ins Dach durchgehende Oberlichtsaal. Diese Disposition erlaubte es dem Maler, die im Hauptraum auf Holzrahmen aufgespannten Leinwände aus verschiedener Höhe zu betrachten, ganz wie der spätere Besucher des Neuenburger Museums, der sich im Treppenhaus bewegt. 


Nach Vollendung der Trilogie „La vie intellectuelle, la vie industrielle, la vie agricole“, 1893, diente das Gebäude dem Maler weiterhin als Atelier und nach seiner Übersiedelung in den Jorat bei Orvin vorwiegend als Ausstellungsraum seiner Werke. Seit dem Übergang der Liegenschaft Unteres Ried an die Gemeinde Biel ist das Künstlerhaus nicht mehr im ursprünglich Sinn als Atelier und Ausstellungsraum genutzt worden.

Léo-Paul Roberts Bieler Atelier ist „das wohl stattlichste Künstlerhaus jener Zeit in der Schweiz“, (Dr. Georg Germann, Direktor des Bernischen Historischen Museums). Es ist heute als Baudenkmal von nationaler Bedeutung und als Werk und Wirkungsstätte eines bedeutenden Schweizer Malers unbedingt erhaltenswert.

Dr. lngrid Ehrensperger 


Mark
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